Das Kreisgespräch (Circle) ist eine Form zusammenzukommen, um respektvoll miteinander zu reden. Der Kreis hat als Basis für viele Kulturen gedient, beispielsweise als Kreis der Weisen rund um ein Lagerfeuer oder zur Weitergabe von überliefertem Wissen durch Geschichten. Die Haltung der Teilnehmenden bei dieser Methode ist durch Offenheit, achtsames Reden und tiefes Zuhören gekennzeichnet. Um einen intensiven Dialog und Austausch zu initiieren ist es notwendig, im Vorfeld ein Ziel, eine Intention (purpose) für diese Zusammenkunft zu formulieren. Darauf aufbauend lassen sich die Rahmenbedingungen wie Ort, Zeitdauer, Personen, Fragestellung und notwendige Ressourcen festlegen. Bei jedem Kreisgespräch gibt es eine:n Leiter:in und einen sogenannten Hüter bzw. eine Hüterin, um die Intention und Phasen während des Prozesses zu gewährleisten, wobei auf die Selbstverantwortung der Teilnehmenden großen Wert gelegt wird.

Das Kreisgespräch wird oft eingesetzt in Kombination mit anderen Methoden:

  • Meistens zum Beginn eines Treffens, um das Check-in kraftvoller im Kreis zu gestalten

  • Für die Themensammlung bei Pro-Action-Café und Open-Space

  • Bei der Sammlung der Ergebnisse (Convergence), nach Pro-Action-Café, Open Space

  • Zur Besprechung wichtiger Schritte, die die ganze Gruppe/Gemeinschaft betreffen

  • Als Abschluss, um Vertrauen herzustellen und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken.

Was den Kreis zum Kreis macht (x)

Ein Kreis ist nicht immer ein Kreis:
Wenn eine Gruppe neu zusammenkommt oder das Arbeiten ohne Tische nicht gewohnt ist, kann ein Kreis von World-Café-Tischen als „Kreis“ benannt werden, und man checkt dort ein. Wenn die Gruppe schon vertrauter ist durch Café-Konversationen, kann im Anschluss ein Kreis gebildet werden. Bei mehrtägigen Treffen kann der zweite Tag im Kreis begonnen werden. Geübte Gruppen werden schnell die Kraft des Kreises erkennen, und sofort ihr Treffen im Kreis beginnen.

Ein Kreis kann auch oval sein, je nach Raumbeschaffenheit, aber jeder und jede sollte jeden und jede sehen können. Eine Stuhllücke in Türnähe sorgt dafür, dass Menschen, ohne Stühle verschieben zu müssen oder andere darum bitten zu müssen, den Kreis betreten oder verlassen können.

Die Absicht (Intention, purpose)

Die Absicht formt den Kreis und bestimmt darüber, wer kommen wird, für wie lange sich der Kreis trifft und welche Ergebnisse erwartet werden. Wer den Kreis einberuft, formuliert als Vorbereitung für das erste Treffen die Intention des Kreises und die Einladung.

Empfang oder Anfangspunkt

Wenn die Teilnehmenden angekommen sind, ist es hilfreich, dass der Gastgeber bzw. die Gastgeberin oder jemand aus der Gruppe mit einer Geste beginnt, die die Aufmerksamkeit der Anwesenden aus einer normalen Small-Talk-Unterhaltung zur Aufmerksamkeit für den Kreis führt. Diese Anfangsgeste kann aus einem Augenblick Stille bestehen, einem Klang (Klangschale, Zimbel), dem Vorlesen eines Gedichts, dem Hören eines Liedes etc.

Die Mitte gestalten

Die Mitte eines Kreises ist wie die Mitte eines Rades: Jegliche Energie läuft durch diesen Punkt und die Mitte hält den Rand zusammen. Damit wir uns im Kreis daran erinnern, wie die Mitte der Gruppe hilft, gestalten wir sie normalerweise mit Objekten, die die Intention der Gruppe zum Ausdruck bringen. Alles, was diese Intention ausdrückt oder zur Schönheit beiträgt, kann genommen werden: Blumen, Symbole, eine Schale oder ein Korb, eine Kerze.

Anfangsrunde/Begrüßung

Eine Anfangsrunde hilft den Teilnehmenden, sich auf das Kreisgespräch einzustimmen und erinnert alle noch einmal an ihre gemeinsame Intention. Ein „Check-in“ sorgt dafür, dass alle wirklich präsent sind. Wenn wir einander etwas von uns mitteilen, z.B. in Form einer kurzen Geschichte, bzw. der Mitteilung unserer Befindlichkeit, weben wir an dem zwischenmenschlichen Netz, das uns verbindet.

Eine Check-in-Runde beginnt normalerweise mit einem oder einer Freiwilligen und geht dann weiter im Kreis. Wenn jemand noch nichts sagen möchte, ist der bzw. die Nächste dran – am Ende gibt es noch einmal die Möglichkeit zu sprechen für die, die sich vorher noch nicht bereit gefühlt hatten.

Manchmal legen die Teilnehmenden auch individuelle Objekte mit in die Mitte, um ihre Präsenz und ihre persönliche Beziehung zu der Intention auszudrücken.

Kreis-Vereinbarungen treffen

Vereinbarungen dienen dazu, dass für alle ein freier und tiefer Austausch ermöglicht wird, dass unterschiedliche Ansichten respektiert werden und dass alle die Verantwortung für das Wohlergehen und die Richtung der Gruppe miteinander teilen. Häufig werden folgende Vereinbarungen getroffen:

  • Was die Einzelnen im Kreis mitteilen, wird vertraulich behandelt und nicht nach außen getragen.

  • Wir hören einander mit Empathie und Interesse zu.

  • Wir bitten um das, was wir brauchen, und geben das, was wir geben können.

  • Wir einigen uns auf eine bzw. einen „Guardian“ (Hüter bzw. Hüterin). Aufgabe des bzw. der „Guardian“ ist es, auf die Bedürfnisse, die Zeit und die Energie der Gruppe zu achten. Wir vereinbaren, auf ein Signal hin eine Pause einzulegen und um das Signal zu bitten, wenn wir das Bedürfnis nach einer Pause verspüren.

Drei Prinzipien

im Kreis liegt die Verantwortung für die Gruppe bei allen Teilnehmenden liegt: Alle sind Gruppenleiter und Gruppenleiterinnen.

1. Die Leitung der Gruppe wird abwechselnd von allen Teilnehmenden/Mitgliedern wahrgenommen.

2. Die Verantwortung für die Qualität des Kreisgesprächs wird von allen geteilt.

3. Letztendlich verlassen wir uns auf Inspiration (oder „Geist“), nicht auf unsere persönlichen Vorhaben.

Drei Praktiken

1. Wie sind uns unserer Absicht beim Sprechen bewusst, indem wir darauf achten, was im Moment gerade für das Gespräch relevant ist.

2. Wir hören aufmerksam zu: Respekt gegenüber dem Lernprozess aller Gruppenmitglieder.

3. Wir tragen zum Wohlergehen des Kreises bei: Wir sind uns der Wirkung unserer Beiträge bewusst.

Formen der Interaktion im Kreis
Es gibt in einem Kreis drei verschiedene Arten, miteinander ins Gespräch zu kommen:

  • Ein Redegegenstand wird oft in der Anfangsrunde und in der Endrunde benutzt; ebenso immer dann, wenn es erwünscht ist, die Geschwindigkeit des Austausches zu verlangsamen, von jedem bzw. jeder etwas zu hören sowie zu sprechen, ohne unterbrochen zu werden.

  • Ein Gesprächsaustausch ohne Redesymbol findet oft dann statt, wenn es um Reaktion, Interaktion und das Einbringen von neuen Ideen, Gedanken und Meinungen geht.

  • Stille oder Reflexion gibt allen Zeit, um über das nachzudenken, was gerade geschieht oder im Verlauf des Kreistreffens ansteht. Eine Zeit der Stille kann von jeder bzw. jedem gewünscht werden, sodass alle reflektieren können, welche Wirkung sie auf die Gruppe haben – oder um der Gruppe zu helfen, wieder zurückzufinden zu ihrer ursprünglichen Intention – oder eine Frage still innerlich bewegen, bis sich mehr Klarheit ergibt.

Der Hüter / Die Hüterin
Die Rolle des bzw. der Guardian ist das wichtigste Werkzeug, wenn wir eine hierarchiefreie Gruppe ohne einzelnen Leiter bzw. einzelne Leiterin haben wollen. Seine bzw. ihre Aufgabe besteht darin, darauf zu achten, dass die Gruppe ihren ursprünglichen gemeinsamen Intentionen treu bleibt. Ein Mitglied des Kreises meldet sich freiwillig, um auf die Gruppenenergie zu achten und den Verlauf des Kreistreffens achtsam wahrzunehmen. Finden mehrere Treffen statt, ist es hilfreich, wenn die Teilnehmenden sich mit dieser Rolle abwechseln.

Normalerweise benutzt der bzw. die Guardian etwas, um ein sanftes akustisches Signal zu setzen – ein Glöckchen oder eine Zimbel / Klangschale zum Beispiel. Wenn der Klang ertönt, bedeutet das für alle in der Gruppe, dass innegehalten wird, dass alle durchatmen und einen Augenblick in Stille verbringen. Dann lässt die bzw. der Guardian wieder das akustische Signal erklingen und sagt, warum er bzw. sie um die Pause gebeten hat. Alle Teilnehmenden können jederzeit um eine solche Pause bitten.

Abschiedsrunde
Am Ende eines Kreis-Treffens ist es wichtig, dass alle einen Moment lang die Möglichkeit erhalten mitzuteilen, was sie gelernt haben oder von dem Treffen mit nach Hause nehmen. Diese letzte Runde beendet das Treffen formell und bietet noch einmal allen die Gelegenheit, über das, was sie mitnehmen von dem Treffen, nachzudenken und ggf. ihre mitgebrachten Sachen aus der Mitte wieder an sich zu nehmen. Nun gilt es wieder „umzuschalten“: Von der Kreisenergie zum alltäglichen Umgang miteinander. Der Kreis erfordert intensive Aufmerksamkeit füreinander, aus dieser besonderen Energie entlassen wir einander nun wieder. Häufig ist es so, dass der Gastgeber bzw. die Gastgeberin, Guardian oder jemand anderes aus der Gruppe nach der letzten Runde noch ein paar inspirierende Worte zum Abschied sagt oder dass noch ein paar Augenblicke Stille eingehalten werden, bevor der Kreis zu Ende ist.